Laurence Hebel vom Foodtruck „Délibon“ mit bretonischen Crêpes und Galettes
Ein wolkenloser blauer Himmel überspannt die mittelalterliche Hahnentorburg am Rudolfplatz, die Abendsonne blinzelt durch die ersten maigrünen Blätter: Der Sommer kündigt sich an. Beste Voraussetzungen für einen Besuch auf dem kulinarischen Abendmarkt „Meet & Eat“ in der Kölner Innenstadt. Mittendrin, unter bunten Lichterketten und schwarzen Sonnenschirmen steht der kleine, rot-weiße Foodtruck „Délibon“ von Laurence Hebel. Eine bretonische Flagge lässt schon erahnen, welche Spezialität sie hier serviert: Galettes und Crêpes. Die Buchweizen-Pfannkuchen Galettes sind DAS Signature-Dish der Bretagne und eine herzhafte Variante der vielleicht besser bekannten Crêpes.
Das Nationalgericht hat eine lange Familientradition
Mama, ich würde mich gerne mal in einen Crêpe einrollen, hat Laurence als Kind mal zu ihrer Mutter gesagt. Kein Wunder, das Nationalgericht hat in ihrer Familie Tradition: Laurences Ur-Ur-Ur-Großmutter stand schon 1880 in einer Crêperie in Quimper am Crêpe-Eisen. Sie hat die Leidenschaft für das Gericht ihrer Heimat offensichtlich an die nächsten Generationen und bis nach Köln weitergegeben.
Allerdings über Umwege. Denn nach dem Abitur in ihrer Heimat Wiesbaden studierte Laurence erst mal Sportwissenschaften an der Deutschen Sporthochschule. „Ich habe danach im Marketing und dann vier Jahre als Eventmanagerin in verschiedenen Regionen in Asien gearbeitet. Vor allem im Bereich Triathlon. Gelebt habe ich in Bangkok“, erzählt Laurence. Ein besonderer, aber auch sehr arbeitsintensiver Job.
„Das hatte ich irgendwann satt. Ich wollte gerne zurück nach Deutschland.“ Im Dezember 2015 war das. Denselben Job hier zu machen, konnte sie sich nicht vorstellen. „In Deutschland wollte ich neu anfangen und bin da ganz pragmatisch rangegangen. Ich habe mich gefragt, was zu mir passt, was authentisch ist. Gekocht habe ich schon immer gerne.“
Nachdem Laurence dann von ihren Schwestern zum Geburtstag ein Buch über Foodtrucks geschenkt bekommen hatte und sie von den Streetfood-Festivals in Köln ohnehin fasziniert war, keimte in ihr der Wunsch nach einem eigenen Food-Business. „Den Einstieg in die Gastro habe ich mir zugetraut, vor allem mit einem Foodtruck“, erinnert sie sich. Erfahrungen im Event-Management hatte sie ja. „Burger oder ähnliches war nichts, was ich verkörpere. Ich habe viel recherchiert und das, was ich machen wollte, gab es in Köln noch nicht.“
Von der Pike auf: Praktikum in einer französischen Crêperie
Nachdem Laurence ihren Businessplan geschrieben hatte, ging alles ganz schnell: Vier Monate nach ihrer Rückkehr aus Asien kehrte sie Deutschland im Januar 2016 noch einmal den Rücken. Sie ging für ein Praktikum nach Brest, in die Crêperie „Ble Noir“. Dort wollte sie alles lernen, was sie wissen musste, um selber Galettes und Crêpes zu backen. „Das Schwierigste ist, dass der Teig gleichmäßig dünn wird.“ Dafür muss man ihn drei Mal langsam und gleichmäßig über das Eisen verteilen. „So wird er unten knusprig und oben ist er noch relativ weich.“
Der Foodtruck war auch schnell gefunden. „Den Peugeot J 9 hat mein Vater im Saarland aufgetan. Er ist von 1984 und war in Frankreich als mobile Bäckerei unterwegs. Einfach perfekt!“ Gemeinsam mit ihrem Vater, „einem Schrauber“, hat Laurence den Lieferwagen „mit viel Herzblut“ in ein „echtes französisches Marktauto für echte französische Spezialitäten to go“ umgebaut.
Feuertaufe auf dem Rudolfplatz
Nach unzähligen Galettes und Crêpes, die Laurence ihren Bekannten serviert hatte, öffnete sie im April 2016 dann zum ersten Mal die Luke ihres Peugeots auf dem Rudolfplatz. „Bis 2 Uhr nachts habe ich alles vorbereitet. Ich konnte die Mengen nicht gut abschätzen und habe gearbeitet als ob ich 500 Leute verköstigen müsste“, lacht sie. Ihr Gedanke nach dem ersten Arbeitstag? „Wenn das so anstrengend bleibt, weiß ich nicht, wie ich das durchhalten soll.“
Eine Routine entwickelte sie dann aber doch ziemlich schnell. Es folgten Besuche auf Streetfood-Festivals, private und geschäftliche Caterings und sogar eine kleine Deutschlandtour im Auftrag der Springer-Medienhäuser. Bei der hat sie jeden Tag vor einem anderen Standort die Angestellten verköstigt. „Das hat mir gezeigt, dass ich mit dem Business Geld verdienen kann“, war ihr Resümee.
Ein Meilenstein mit Konsequenzen dann im September 2017: Laurence holt einen Freund, Peter Bock, mit ins Boot und sie ziehen mit Délibon für zwei Wochen in den „Laden Ein“, damals ein Popup-Restaurant im Agnesviertel. „Da konnten wir dann Restaurant spielen“, erzählt Laurence. „Nach dem ersten Abend dachte ich, dass ich das niemals kann, von 9 bis 23 Uhr arbeiten.“ Aber am Ende der zwei Wochen waren die beiden Feuer und Flamme. Und Max Trompeter, der sie im „Laden Ein“ als Küchenchef und Coach unterstützt hatte, ermutigte sie, die Idee eines eigenen Ladens in die Tat umzusetzen. Und er versprach, sie zu unterstützen.
Die Corona-Pandemie zerstört den Traum vom eigenen Laden
Wie auch schon beim Start des Foodtruck-Business ging auch jetzt alles schnell und mit viel Eigeninitiative: Peter schrieb einen Businessplan, mit ihrem Vater baute Laurence ein Lokal am Sudermannplatz aus, Max half bei der Einrichtung der Küche und der Konzeption. Eröffnung dann im Mai 2018. Mit dem Laden wuchs auch die Karte. Neben Galettes und Crêpes gab es typische Gerichte aus der französische Bistroküche: Steak frites, Muscheln, Boeuf Bourguignon, Croque Monsieur und bretonische Austern. Das Team wuchs auch. Die Arbeitszeiten sowieso. „Wir sind dann sehr schnell sehr groß geworden“, erzählt Laurence. Und dann kam Corona. „Die Pandemie hat uns das Genick gebrochen. Das war schlimm“, sagt die 40-Jährige. „Wir hatten uns gerade einen Namen gemacht.“ Im September 2020 mussten sie ihren Laden schließen.
Nach dieser Erfahrung und der Geburt ihrer zwei Kinder beschränkt Laurence den Verkauf ihrer Spezialitäten nun wieder auf Caterings und den Rudolfplatz. „Hier habe ich mein Stammpublikum. Es kommen viele Leute aus dem Laden, Frankreich-Fans und Frankreich-Urlauber.“
Eine leichte Brise bewegt die bretonische Fahne am Délibon-Foodtruck. An den Tischen wechseln beständig die Besitzer. „Die Stimmung hier ist toll“, erzählt ein Gast mit einem Glas Wein in der einen und einem Galette in der anderen Hand. „Man trifft auf ganz unterschiedliche Leute und es gibt so viele außergewöhnliche Speisen, die man an ein und demselben Ort gemeinsam probieren kann“, sagt er. Was Délibon eigentlich heiße, wollen viele Gäste wissen. „Das ist eine Wortkreation aus ‚délicieux‘ und ‚bon‘. Das hat mein kleiner Cousin immer gesagt, wenn etwas besonders lecker war“, erklärt Laurence dann.
Wer einmal bretonische Galettes in Frankreich probiert hat, kann mit Laurences Gerichten tatsächlich in Erinnerungen schwelgen. Hauchdünn und perfekt eben sind ihre Pfannkuchen, die sie mit Ruhe und Ernsthaftigkeit zubereitet. Der Geschmack von Buchweizen dominiert und verleiht dem Gericht sein typisches Aroma. Am authentischsten schmecken sie mit Schinken, Käse und Spiegelei.
Ihr findet Laurence mit ihrem Foodtruck in der Regel donnerstags auf dem Rudolfplatz. Im Kalender auf ihrer Homepage steht auch, wo ihr sie noch treffen könnt oder was ihr tun müsst, wenn ihr euch ein Stückchen Bretagne nach Hause holen möchtet.