Ronja Hemmersbach vom Foodtruck „Hempies“ mit veganem Frühstück

Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier? Was nach Adventszeit klingt, beschreibt die Entwicklung von Ronja Hemmersbach ganz gut: Kurz nachdem die 28-Jährige ihren Traum vom eigenen Foodtruck in die Tat umgesetzt hatte, eröffnete sie ihr eignes veganes Bistro in der Nähe vom Rudolfplatz. Es folgten ein zweiter Foodtruck und ein veganer Kiosk. Aber der Reihe nach:

Ein Tag im März 2022. Für Ronja Hemmersbach beginnt der Tag schon um 5 Uhr früh. Dass sie nur vier Stunden geschlafen hat, merke ich ihr nicht an. Mit ihrer Mitarbeiterin Pia steht sie in der Küche und füllt Croissants der Biobäckerei Ährensache mit Schokolade, Oreocreme, Zimtpudding und Kokosbuttercreme. Alle vegan, alle hausgemacht. Die Brötchen aus der Nippeser Handwerksbäckerei Wiens sind auch schon geliefert worden. Beide arbeiten zügig und still vor sich hin. Um 7 Uhr müssen alle Lebensmittel im Foodtruck sein. „Mir ist es wichtig, schon morgens früh mitzubekommen, wie der Tag losgeht“, sagt Ronja.

Rezeptentwicklung aus der Not heraus

Um 7.30 Uhr kommen wir am Foodtruck an (der stand damals im Kölner Mediapark, heute in Odonien an der Escher Straße). Der Himmel ist blau, aber es weht ein eisiger Wind. Routiniert legt Ronja die Croissants in die Auslage und beginnt die Brötchen zu belegen: mit einem Lachsersatz aus gedünsteten Möhrenscheibchen, die über Nacht in einer Öl-Marinade mit Noriblättern gezogen haben, und mit einer veganen Paprika-Frischkäsecreme. Dieses Rezept ist aus der Not entstanden, erzählt sie, während sie die Brötchen schmiert: „Ich hatte einen veganen Frischkäse, der irgendwie fad schmeckte. Da habe ich kurzerhand eine Paprikasoße untergerührt, die ich mir am Tag zuvor für Nudeln gemacht hatte. Das ist heute unser ‚Hempies Deluxe‘“. Hempies, das ist übrigens der Kosename ihrer Familie, Hemmersbach.

Vegan leben? Gar nicht so schwierig!

Mit ihrem Angebot möchte Ronja nicht nur Veganer:innen, sondern möglichst viele Menschen erreichen. Daher achtet sie zum Beispiel darauf, dass die Produkte nicht teurer sind als die belegten Brötchen beim Bäcker in der Nähe. Dabei verzichtet sie selbst noch gar nicht so lange auf tierische Produkte. „Meine Familie ist alles andere als vegan“, erzählt sie. „Weil sich viele Freundinnen vegan ernähren, habe ich das in der Fastenzeit auch einfach mal ausprobiert und war überrascht, dass es gar nicht so schwer war.“ Einziges Problem: Es gab kaum veganes Frühstück. „Ich habe eine Weile bei meinem Vater ausgeholfen. Der ist Dachdecker und es ging morgens sehr früh auf die Baustelle. Während sich die Jungs beim Bäcker schnell ein belegtes Brötchen holen konnten, habe ich ewig mit der Verkäuferin darüber diskutiert, in welchen Teilchen zum Beispiel Süßmolkepulver ist“, erinnert sie sich.

Die Idee eines veganen Frühstück-Trucks war geboren. „In meiner Heimat im Bergischen stand in der Nachbarschaft ein altes Backmobil. Das sah schon schlimm aus, niemand wollte es reparieren“, erinnert sich Ronja. „Ein Bekannter hat es dann aber doch fit gemacht.“ Die Idee eines veganen Backmobils wurde immer konkreter. Während die Studentin in der Psychologie-Vorlesung sitzt, recherchiert sie nach möglichen Lieferanten für die Backwaren oder telefoniert in der Pause mit Handwerkskammer und Steuerberatern. In ihrer Studentenwohnung probiert Ronja alle möglichen Rezepte aus und testet sie an Arbeitskolleg:innen ihres Bruders – samt Bewertungsbogen.

Familie unterstütz die Psychologiestudentin

Es ist 8 Uhr, Ronja öffnet die Luke ihres Trucks und die ersten Kund:innen kommen. Geplauscht wird hier kaum, die meisten sind auf dem Weg ins Büro. Das ist anders auf den Wochenmärkten, erzählt Ronja. „Da bringen die Leute Zeit mit, sie wollen einkaufen und gerne auch ein bisschen erzählen. Das liebe ich so an meinem Foodtruck: Ich bin draußen und unterhalte mich jeden Tag mit ganz unterschiedlichen Menschen.“ Aber heute hat sie ohnehin keine Zeit; als Joey sie ablöst, geht es zurück in die Küche ihres Bistros.

Dort schnippelt sie 24 Bund Möhren für den ‚Karottenlachs‘ und hackt das Grün fürs Pesto, das sie auf ihrem veganen Mozzarella serviert, den sie aus Seidentofu herstellt. Dann rührt sie aus Rapsöl, Sojamilch, Senf und frischem Zitronensaft sechs Liter Mayo an. Dabei erzählt sie von den Startschwierigkeiten: „Ohne Ausbildung zur Bäckerin muss ich die Brötchen natürlich zukaufen. Ich habe mich bei der Suche nach einem veganen Bäcker oft nicht ernst genommen gefühlt, weil ich zum einen sehr jung war und anfangs keinen ‚richtigen‘ Laden hatte. Ähnlich war es bei den Banken für einen Kredit.“ Dazu kam, dass Ronja gerade erst mit ihrem Psychologiestudium fertig war. Eigentlich wollte sie gerne als Teamcoach in einem Unternehmen arbeiten, aber die Jobsuche war pandemiebedingt damals nicht einfach. Unterstützung fand sie schließlich durch ihre Familie, sowohl finanziell als auch bei der Planung und Umsetzung ihrer Idee.

WG-Schreibtisch als Büro

„Ich hatte nicht viel Zeit nachzudenken, ich wollte nicht, dass mir jemand die Idee wegschnappt“, sagt Ronja. Viel Geld und Geduld waren dann aber doch nötigt, um alle erforderlichen Unterlagen zusammenzubekommen – zwischendurch auch gepaart mit Zweifeln und Tränen. Aber im Januar 2022 war es soweit: „Einen Tag bevor wir öffnen wollten, bin ich einkaufen gegangen. Das war eine dumme Idee“, lacht Ronja, „Ich habe dann die ganze Nacht durchgearbeitet und war morgens noch nicht fertig.“ Es war dunkel, es war kalt, es hat geregnet, Ronja war fix und fertig. „Aber dann ging diese Luke auf und ich dachte, krass jetzt geht’s los“, und Ronja blickt auf ihre ersten Kund:innen. An mehr kann sie sich nicht erinnern. „Es war mega anstrengend, aber ich war total erfüllt.“

Es dauert eine Weile bis sich alles einspielt: bis sie weiß, wie sie die Mengen richtig kalkuliert oder wie sie in ihrem „Büro“ – der Schreibtisch in ihrer WG – Pakte so stapelt, dass sie noch ins Bett kann. Schnell kommt Ronja die Idee, dass sie Personal braucht. Vor allem nachdem sich ihr Angebot rumgesprochen hat und die Schlage vor ihrem Foodtruck immer länger wird und die Anfragen, auf Märkten zu stehen, sich häufen. Heute hat Ronja Hemmersbach 16 Mitarbeiter:innen und neben ihrem Foodtruck und dem Bistro im Oktober 2024 den ersten veganen Kiosk in Köln eröffnet.

Wohin die Reise gehen soll, weiß Ronja noch nicht. Natürlich kommen ihr manchmal Zweifel, ob der Vegan-Trend anhalten wird und sich ihr Unternehmen selber trägt. Aber der Gedanke, durch ihr nachhaltiges Handeln zu einem besseren Klima beizutragen, scheint ihr die nötige Energie dafür zu geben.

Adressen und Öffnungszeiten von Bistro, Kiosk und Foodtruck findet ihr auf ihrer Homepage. Dort findet ihr auch Infos, wenn ihr euch ein veganes Catering wünscht.